LICHTBRÜCKE
Praxis für seelische Heilung

2024-01-22

GESCHICHTE ÜBER ZWANG

GESCHICHTE ÜBER ZWANG

Es war einmal eine wunderschöne Frau. Sie hatte schwarze Haare, tiefschwarzen Augen, wunderschönen dunklen Teint. Die Frau war taubstumm, konnte weder lesen noch schreiben, sie war nicht verheiratet und sie hatte nie in ihrem Leben eine Periode. Und sie war schwanger. Im 6 Monat wurde dieser biologisch unmöglicher Fakt bei ihr festgestellt. Nach der Geburt des Mädchens fragte man sich: Was jetzt?

Auch wenn im Kinderheim das Baby mit himmelblauen Augen so begehrt wurde, meine Tante wollte nicht, dass ich adoptiert werde. Das stand nicht zu Diskussion.

Wenn in früheren Jahren eine Frau schwanger wurde, wurde schnell eine Hochzeit oder aus Scham eine stille Eheschließung organisiert. Eine Heirat war eine Pflicht. Oder man gab das Kind den Großeltern zum großziehen. Eine Frau allein, mit einem Kind, war keine gute Option fürs Leben. So war auch bei meiner Mutter.

Als nach langer Zeit endlich ein Zimmer neben meiner Tante frei geworden ist, wurde beschlossen, dass meine Mutter mit dem Kind da einziehen sollte. Sie sollte jedoch nicht Alleinerziehende Mutter sein. Irgendwann hat sie meinen Vater geheiratet und ich wurde von dem Kinderheim zurückgeholt. Dann fing das Ernst des Lebens zu Dritt: eine taubstumme Mutter, ein taubstummer Vater und ein kleines Kind. Und sie (Eltern) lebten unglücklich bis zum Ende ihres Lebens…

Was hat das mit mir gemacht? Wie hat sich das in meinem Leben gezeigt?

Der Zwang, dass meine Mutter meinen Vater heiraten sollte, empfand ich schon als Kind als falsch. Es gab so viele Dramen, Traumen, Situationen, die nie passieren sollten. Ich habe diese Schwäre, die mich wie Ballast bei ertrinkenden nach unten gezogen hat, jahrelang mit mir mitgetragen. Lange konnte ich meine Tante nicht verstehen: Warum hat sie meine Mutter und meinen Vater gezwungen zu heiraten.

Auch mein Bild von Männern war schief: da war keine Liebe, sondern entweder Angst oder Missachtung. Natürlich auch Partnerschaft war kein Zuckerschlecken. Ich hatte keine richtige Vorstellung davon, wie eine glückliche, erfüllte, liebevolle und respektvolle Beziehung funktionieren könnte. Meine Mutter hat mir ständig gezeigt, dass alle Männer böse sind. Sie fühlte sich verletzt, sie hat in dieser kurzen Zeit so viel Schlimmes erlebt und hat in der Stille gelitten. Ich habe zugeschaut und gelernt, dass das Leben Leiden bedeutet, dass ich als Frau nicht auf Männer zählen kann.

Lange konnte ich mich aus den alten Albträumen nicht befreien. Meine unglückliche erste Ehe und viele Probleme in der zweiten Ehe, haben mir gezeigt, dass meine Mutter recht hatte. Erst auf meiner ersten Familienaufstellung, habe ich gesehen, dass mein Vater nicht anders konnte. Der Krieg war gerade zum Ende und er wurde mit 7 Jahren Waise. Er hat nie gelernt zu lieben und wahrscheinlich nie gelernt zu vertrauen.

Als ich mit Mitte 30. erfahren habe, dass mein Vater verstoben sei, saß ich im Sessel und weinte. Meine damals 1,5 Jährige Tochter hat mich getröstet. Mir war bewusst, dass ich meinen Vater als Kind ganz einfach nur lieben wollte…

Was macht das mit mir JETZT?

Ich weiß, das hat mich stark gemacht und gelernt, nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Herzen zu agieren. Ich mag keinen Zwang. Manchmal merke ich, dass mein Herz nicht ganz eingeschaltet ist, sondern mein Kopf zuerst Entscheidungen treffen will. Viele male täglich überlege ich mich, was ich wirklich möchte und ich spüre in mich hinein.

Auch, wenn ich nur eine einzige positive Erinnerung von meinem Vater habe und alles anderes Trauma war, ich liebe ihn und bin ihn für mein Leben dankbar. Ich sehe ihn - das kleine Kind, das mal er selbst war - so einsam und unglücklich. Ich kann mir sein Leben überhaupt nicht vorstellen. Ich kann es nun nachempfinden. Und ihm vergeben.

Und inzwischen weiß ich, dass meine Tante, das Beste sowohl für meine Mutter als auch für mich wollte, natürlich in Rahmen der damaligen Bedienungen. Sie wusste es nicht anders. Sie hat auch die Vergebung verdient.

Heutzutage habe ich mehr Freiheit und Wahl, als ich mich zutrauen mag. Ich lerne damit umzugehen: für ein glückliches Leben und eine für eine bessre Welt.

21.01.2024, 22.49

Ajna - 11:45:36 | 1 Kommentar





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