LICHTBRÜCKE
Praxis für seelische Heilung

2024-03-29

GESCHICHTE ÜBER DAS NICHT GESEHEN WERDEN

GESCHICHTE ÜBER DAS NICHT GESEHEN WERDEN

Es war einmal eine wunderschöne Frau. Sie hatte schwarze Haare, tiefschwarze Augen und einen wunderschönen, dunklen Teint. Die Frau war taubstumm, konnte weder lesen noch schreiben, war nicht verheiratet und hatte nie in ihrem Leben ihre Periode. Und sie war schwanger. Im 6 Monat wurde dieser biologisch unmögliche Fakt bei ihr festgestellt. Nach der Geburt des Mädchens fragte man sich: Was jetzt? Und die Zeit verging.

Ich war ca. 22 und war mit meinen Freunden unterwegs. Wir standen vor einem alten Kino und schauten uns die Fotos an. Unerwartet ging mein Vater an uns vorbei. Ich war so aufgebracht! Er hatte mich nicht bemerkt. Er hatte mich nicht gesehen. Seit er, vor vielen, vielen Jahren ausgezogen war, tat er so, als ob er mich nicht kennen würde. Ich hätte in diesem Moment am liebsten losgeheult.

Was hat das mit mir gemacht? Wie hat sich das in meinem Leben gezeigt?

Lebenslang war das ein großes Thema für mich: nicht gesehen zu werden, nicht wahrgenommen zu werden. Egal was ich in meinem Leben gemacht habe, wie erfolgreich ich war, ich fühlte mich nicht gesehen und mein Herz schmerzte.

Jahrelang spielte ich im Jugendtheater und Studententheater, gewann Preise, dann studierte ich an der Theaterakademie Theaterwissenschaft und arbeitete mit Kindern und Jugendlichen. Auf der Bühne zu sein war für mich kein Problem. Ich liebte es. Auch in Deutschland konnte ich vor Menschen stehen und Reden in einer fremden Sprache halten. Ich zeigte mich. Doch, es gab so viele Momente, in denen ich, so wie ich war, nicht gesehen wurde. Ich fühlte mich nicht gesehen, besonders in meinen Partnerschaften.

Vor vielen Jahren habe ich vor dem Haus gearbeitet: mit dem Rücken zu Straße, vertieft in der Erde, hatte ich die Welt vergessen. Plötzlich hat jemand zu mir „Hallo“ gerufen. Ein Nachbar, der mich noch nie begrüßt hatte, hatte mich bemerkt… Ich nahm wahr, dass sich etwas verändert hatte.

Was macht das mit mir JETZT?

Das, was mir heutzutage besonders hilft, ist ein Rückzugsort, den ich immer wieder für mich erschaffe. Ich ziehe mich zurück: gehe in die Natur, spüre die Erde unter meinen Füßen, lehne mich an die Bäume, höre in die Stille hinein, gehe in mein Zimmer, meditiere, umarme mich, höre Musik, tanze und frage mich: „Was ist gerade für mich wichtig? Was möchte ich jetzt?“ Dann handle ich nach meinem Herzen - ich sorge für mich.

Wenn ich mich selbst sehe, mich selbst spüre und auf mich und auf meine Bedürfnisse achte, wenn ich mich selbst fühle, in meinem Körper wahrnehme, dann werde ich gesehen. Wenn ich mir selbst treu bleibe und hinter dem was ich sage, was für mich wichtig ist, stehe, wenn ich die Schultern für mich straffe, für mich selbst einstehe, mein Herz für mich öffne, dann bin ich in meiner Mitte, dann erblühe ich und werde gesehen. Wie eine Frühlingsblume…

Ich habe erkannt, dass mein Vater selbst nicht gesehen wurde. Er wurde selbst nicht wahrgenommen. Der Krieg war keine gute Zeit dafür. Er blieb ein Kind in einem erwachsenen Körper. Er lernte nie, sich selbst zu lieben. Darum konnte er mich nicht lieben und nicht sehen, wie ich war: ein Wunder in seinem Leben, reine Liebe, ein göttliches Geschenk.

Die Menschen, die sich selbst nicht sehen oder wahrnehmen, können nicht von den anderen gesehen werden.

Die wichtigste Person, die mich sehen sollte, bin ich selbst. Wenn ich zu mir selbst ehrlich sagen kann: „Ich sehe mich“, dann passiert ein Wunder. Denn dann gewinnt das Licht und die Liebe.

18.03.2024, 9.21

Ajna - 22:06:44 | Kommentar hinzufügen

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